Je selbständiger der Keks wird, desto mehr beobachte ich, dass sie Nähe bei mir tankt.
Sie war und ist von ihrem ersten Tag an stets ein verblüffend unkompliziertes Wesen. Wenn sie als Säugling nachts hungrig wurde fing sie an, sich zu recken, zu strecken und zu schmatzen, mir blieb so gut wie immer genug Zeit, die Mahlzeit zu bereiten, bevor sie überhaupt anfing zu weinen. Getragen werden wollte sie nicht, es gibt genau ein Foto von ihr und mir mit Babytrage, das war nicht ihr Ding. Nein, rumliegen, gucken und beobachten, das mochte sie. Ebenso unkompliziert ist ihr Schlafverhalten. Tagsüber konnte ich sie ins Anstellbettchen ins verdunkelte Schlafzimmer legen und nach wenigen Augenblicken war sie eingepennt. Also nichts mit in den Schlaf schuckeln oder kuscheln. Mit ungefähr 7 Monaten zog sie aus unserem Schlafzimmer aus in ihr eigenes Zimmer, weil sie mich nachts weckte um zu spielen und wir keinen Schlaf fanden, so lange wir nebeneinander lagen. Seit dem Umzug in ihr Zimmer lief es so ab: Gute-Nacht-Ritual (lesen, kuscheln), ins Bett legen, Spieluhr an, Licht aus, Ruhe. Ohne unser Zutun, ohne Schlafprogramm oder sonstigen Quatsch, nein, das ist der Keks. Sie macht ihr eigenes Ding und fertig.
Seitdem der Osterhase in seiner Funktion als Schnullerfee da war, hat sich am Abendritual etwas verändert: Jetzt dürfen wir ihr neben dem Bett liegend Märchen vorlesen und dann schläft sie mit einem von uns (den sie vorher auswählt) Händchen haltend ein. Und was soll ich sagen? Ich liebe es. All die Zeit habe ich natürlich den kalkulierten Feierabend und die Zeit mit dem Gatten genossen, aber mir fehlte Nähe zum Keks. Der Keks wollte halt pennen. Familienbett funktioniert nicht, weil dann keiner schläft. Wir haben es mehrfach versucht, es funktioniert nur, wenn der Keks krank ist. Und das will man so ja auch nicht, dass sie fürs kuscheln Fieber haben muss.
Aber ich merke jetzt eben, dass sich was verändert. Das Kind, das sehr autonom ihren Weg geht und sich mit uns im Rücken sicher fühlt, geht weite Wege, tankt aber gleichzeitig mehr Nähe. Ich werde sehr viel gedrückt und gekuschelt, wir liegen oft morgens zusammen im Bett und lesen und haben uns lieb, streicheln und schmusen uns. Wir reden morgens über den bevorstehenden Tag, abends über den vergangenen Tag und lachen viel.
Gestern kam ich aus der Dusche und wurde mit den Worten „Nackigei“ begrüßt. Und da das Kind selber nur eine Windel an hatte sagte ich „selber“. Und ich fing an, sie durch zu kitzeln und zu toben und so landeten wir irgendwann auf unserem Bett und ich hatte wunderbaren, warmen Körperkontakt zu ihr. Sie machte selbst auch rege davon Gebrauch und schmuste ganz doll. Das hat uns beiden sehr gut getan.
Ich hatte ja in meinem Artikel über ihre Autonomie bemerkt, dass sie so wenig kuschelt und nachdem ich den Artikel mit etwas Abstand noch einmal gelesen habe, ist mir noch klarer geworden, wie sehr diese Einschätzung auf sie zutrifft. Aber dass es sich auch in einem veränderlichen Prozess befindet.
Ich finde es grad ganz großartig mit ihr: Auf der einen Seite die Entdeckung der Welt, der eigenen Fähigkeiten, des eigenen Willens (einself!!!) und der Unabhängigkeit, auf der anderen Seite immer wieder zurück zu mir, in meine Arme. Sie braucht mich eben doch.
[Rant-Bemerkung: Natürlich wird mit dem Papa auch gekuschelt, geschmust etc. Aber es ist ja nun mal mein Blog mit meiner Sicht der Dinge, weshalb ich aussschließlich aus meiner total subjektiven Perspektive und über meine Gefühle schreibe.]
Meiner sagt dazu immer: „Ich brauche noch Mamawärme.“ Und dann muss ich ihn ganz doll kuscheln und er zählt: „10 … 20 … 25 … 30 … … 90 … 90 … 80 … 90 …“ Bis irgendwann der Akku bei 100 ist und es ihm reicht erstmal wieder für ein paar Abenteuer mit immer weiteren Kreisen.