Innehalten

Vorhin, auf dem Weg in die Mittagspause, traf ich auf dem Treppenabsatz im Parkhaus eine Kollegin. Wir haben uns einige Jahre ein Büro geteilt und eng zusammengearbeitet. Wir kennen uns also „noch von früher“ recht gut.
Vielleicht ist mir deshalb sofort aufgefallen, dass etwas nicht mit ihr stimmt, ich habe es an ihrem Gesichtsausdruck bemerkt. Ich fragte, was los sei. Und dann erzählte sie mir sehr gefasst, aber eben auch noch merklich unter Schock stehend, dass ihre Mutter vergangene Woche plötzlich verstorben ist. Einfach so, Hirnschlag, nicht mehr aufgewacht. Mit 68. Die Kollegin hat sie zusammen mit dem Schlüsseldienst (der Schlüssel steckte von innen) leblos im Bett gefunden, nachdem sich die Mutter nicht wie gewohnt morgens gemeldet oder auf Nachrichten reagiert hatte.
Meine Kollegin hat zwei Monate nach mir ebenfalls eine Tochter bekommen und ist nun, nachdem sie mehr als ihr halbes Leben bereits Halbwaise war, nun völlig ohne elterlichen Rückhalt. Das ist –und das weiß ich eben aus unserer gemeinsamen Zeit – auf vielen Ebenen sehr tragisch. Ich war und bin völlig fassungslos über diese Nachricht und habe ihr gesagt, dass sie jederzeit mit mir reden könne. Ich habe ja nun mal einig Erfahrung (auch) in Trauerarbeit, sie könne da jederzeit bei mir anrufen oder in mein Büro kommen. Ich werde aber auch regelmäßig bei ihr vorbeigehen und ihr zeigen, dass ich „da“ bin. Mehr kann ich leider nicht tun, obwohl ich ihr gerne mehr helfen möchte. Sie ist ‚erst‘ 28 und wird nun vermutlich knallhart auf dem Boden der Realität ankommen und ihre kleine Seifenblase, in der sie bisher lebte, verlassen müssen. Es schmerzt, dass von außen zu erkennen, aber nicht helfen zu können.

Mit einem Moment bin nun auch ich wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Es ist nur ein Umzug. Es ist nur ein Umzug. Es ist nur ein Umzug. Meiner Familie geht es gut. Ich bin gerade sehr sehr traurig und aber auch dankbar zugleich.

 

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